3. Januar 2020

Momentum – Rufzeichen

Von Moment-mal zu MOMENTUM!

Die Idee kam wie aus dem Nichts, plötzlich ist sie da: phantastisch, energetisierend! Wir sind überzeugt: Ihre Umsetzung lohnt sich, sie ist der große Wurf!
Diese ersten Sekunden einer Inspiration sind aufregend! Wie viel wir von unserer Begeisterung aber nun in ihre Umsetzung stecken, hängt davon ab, wieviel „Momentum“ wir nun entwickeln können.
Momentum ist erforderlich, um Dinge in Gang zu bringen, ein wichtiges Projekt, eine phantastische Idee.
Der Begriff aus dem lateinischen bedeutet „Bewegungskraft“. Im Englischen ist es der „Impuls“, der „Schwung“, die „Dynamik“.
Der Duden meint damit den „richtigen, geeigneten Augenblick“. Ich nenne es hier ganz prophan „inspirierende Umsetzungsenergie“.

Anleitung zu mehr Momentum:

Studien belegen, dass Menschen bei der Umsetzung ihrer Pläne nur relativ kurze Zeit Hingabe und Begeisterung zeigen. Das Interesse sinkt rapide. Und so kommt es nur selten dazu, dass Ideen – die uns in ihrem ersten Aufflackern noch schwer begeistern konnten – tatsächlich realisiert werden.
Die folgenden Prinzipien sind wertvolle Tipps, wie Sie Ihr Momentum wesentlich verbessern können.

 

Prinzip Nr.1: Die magischen 72-Stunden.

Es hat sich gezeigt, dass Vorhaben, die innerhalb von 72 Stunden durch erste konkrete Schritte gestartet werden, eine hohe Aussicht auf Erfolg haben.

Dabei ist es weniger entscheidend, wie groß diese ersten Maßnahmen sind – wichtig ist der erste Schritt. Eine erste Projektskizze, ein Telefonat, die Kontaktierung von Unterstützern oder Helferleins – jede Aktivität, die das Vorhaben in Gang setzt, ist wertvoll und entscheidend.

„Nimm die erste Stufe, auch wenn Du nicht die ganze Stiege siehst.“ (unbekannt)

 

Prinzip Nr.2: Ideen reisen mit Lichtgeschwindigkeit.

Ideen sind am Anfang noch sehr fragil und brauchen unseren besonderen Schutz. Und rasches Handeln. Löst eine Idee keine Energie aus, dann kann man sie auch getrost ziehen lassen. Wenn sie allerdings das berühmte Kribbeln verursacht, ist Momentum gefragt. Vergessen Sie deshalb alles, was Sie über „aller Anfang ist schwer“ gehört haben. Sie wissen ja:

„Nicht weil es so schwer ist, wagen wir es nicht. Sondern weil wir es nicht wagen, ist es so schwer.“ (Seneca)

 

Prinzip Nr.3: Projekt „Strudelteig“.

Vorhaben dauern immer so lange, wie man ihnen Zeit dafür gibt (2. Parkinsonsches Prinzip). Zeitlich kurz bemessene Projekte erscheinen am Anfang vielleicht unlösbar. Und doch ist es immer wieder erstaunlich, wie viel Energie man aufbringen kann, um ein attraktives und realistisches Ziel zu erreichen. Auf der anderen Seite kennen Sie bestimmt Projekte, die die Zeitschiene aus den Augen verlieren. Diese Vorhaben ziehen sich wie der berühmte Strudelteig. Lieber kurze Zeit zur Umsetzung anberaumen, anstatt sich die Energie mit Strudelteig-Projekten zu rauben.

 

Prinzip Nr.4: Perfektion unerwünscht.

Noch ein hilfreicher Tipp: Verabschieden Sie sich bei dieser Gelegenheit auch gleich von übertriebener Perfektion. Denn schon das Pareto-Prinzip beweist, dass 80% des Weges bereits mit 20% des Aufwandes bestritten werden können. Für die restlichen 20% bedarf es dann wieder bekanntlich wieder die 80% des Aufwandes.
20 Prozent Aufwand reichen völlig aus, um abschätzen zu können, ob sich die Umsetzung wirklich lohnt, um Feedbacks einzuholen. Perfektion ist dann gut, wenn das Ding läuft. Wenn sie damit das zarte Pflänzlein der Idee nicht mehr ersticken.

 

Prinzip Nr. 5: Schneller scheitern.

Im „Rapid-Prototyping“ geht es darum, schnell an erste Rückmeldungen von Anwendern zu kommen. Der Detailgrad, in dem ein neuer Gedanke formuliert und skizziert sein muss, um erste Feedbacks und Tests durchlaufen zu können, ist geringer als Sie denken! Es muss rasch klar sein, ob zukünftige Benutzer ein Produkt annehmen, eine Idee für gut befinden.
Es reichen bereits noch ganz rohe Dummies, die ein erstes Look & Feel der neuen Idee vermitteln. So gelangen Sie schneller an wertvolle Insights. Und es fällt Ihnen noch wesentlich leichter, nicht ausgereifte oder inakzeptable Ideen gleich wieder loszulassen und andere Wege zu beschreiten.

 

Prinzip Nr.6: Von Verbesserungsweltmeistern und Umsetzungszwergen.

Trägheit im raschen Erfinden und Durchdenken von ganzheitlichen Prozessen bremst. „Das braucht seine Zeit und will ja alles gut überlegt sein.“ Und genau dieses Zaudern, Aufschieben und endlose Planen macht uns zu Umsetzungszwergen.

Nutzen Sie den Umstand, dass in jedem von uns ein exzellenter Verbesserungs-Weltmeister steckt. Ein erster schneller Entwurf mit all seinen vielen Fehlern und Schwachstellen ist dennoch ein guter Rohling für unsere Lieblingsbeschäftigung – das „Verbessern “.
Dafür braucht es Menschen, die den Mut haben zu scheitern. Und dafür braucht es auch ein Umfeld, in dem Fehler nicht nur erlaubt, sondern vielmehr willkommen sind. Und das führt uns direkt zum nächsten wichtigen Prinzip.

 

Prinzip Nr.7: Fehler erwünscht!

Gehen Sie mit der spielerischen Leichtigkeit eines Kindes oder der mutigen Entschlossenheit des Scheitern-Könnens von Künstlern und Kreativen an Ihre Aufgabe heran. Erlauben Sie sich ruhig in der ersten Experimentierphase ausreichend Fehler. Auftretende Probleme sind keine Stoppschilder, sondern Richtungsweiser.

Gerne bewundern wir die großartigen Werke von Künstlern. Was wir sehen, sind aber immer die gelungenen Endergebnisse. Was wir nicht sehen, sind die Fehlversuche, der (verschlungene) Prozess der Entstehung und die vielen Schleifen der Iteration und der Optimierung.

 

Prinzip Nr.8: Der Weg zum Erfolg sei ein Fest!

Freuen Sie sich bitte gleich über das erste Erfolgserlebnis, das Projekt gestartet zu haben. Feiern Sie kleine Erfolge und schenken Sie ihnen so die Anerkennung, die ihnen zusteht. Erkennen Sie bei der zweiten Draufschau, was die guten Ansätze sind, schlagen Sie dann die richtige Richtung ein und schreiten Sie fokussiert an die weitere Umsetzung. Und bleiben Sie dran!

Denn ein Phänomen ist auch jedem Projekt innewohnend:

Wir verlieren die meiste Zeit nicht in der Schlussphase –
die meiste Zeit lassen wir schon am Start liegen.

Entwickeln Sie für Ihre Ideen Momentum, verabschieden Sie sich von Halbherzigkeit und bringen Sie innerhalb der ersten 72 Stunden Ihr Vorhaben auf die Reise. Und geben Sie richtig Gas!

Denn halbe Kraft bedeutet nicht halben Erfolg.
Halbe Kraft bedeutet gar keinen Erfolg.

 

Oder haben Sie schon mal ein Flugzeug gesehen, wo der Pilot mit Halbgas über die Rollbahn fährt und ernsthaft glaubt, das Ding würde abheben?

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Abheben, dass Sie so richtig durchstarten und Ihre Projekte fliegen. Viel Spaß!

Ihr
Gerald Wahl

 

Buchtipps:

Momentum – Die Kraft, die Werbung heute braucht.
Holger Jung, Jean-Remy Von Matt, 2011

„Von den besten profitieren“ Erfolgswissen von 12 bekannten Managementtrainern
2001, GABAL Verlag, Offenbach

Glückskinder: Warum manche lebenslang Chancen suchen – und andere sie täglich nutzen, Hermann Scherer, Piper-Verlag

„Wenn Du es eilig hast, gehe langsam“, Sieben Schritte zur Zeitsouveränität und Effektivität, Lothar J. Seiwert, Camus Verlag, 1998

 

 

© Foto: ingimage / Bildbearbeitung: brandzwo

4. Juli 2016

Dolcefarniente!

Ode an das süße Nichts-Tun.

Wir reden heute nicht über Arbeit und Produktivität. Heute befassen wir uns einmal damit, wie es wäre, wenn wir mal was ganz anderes tun würden: Nämlich NICHTS! Sprechen wir über das Nichts-Tun, über die wichtige Entspannung, die den Phasen der intensiven Anspannungen folgen sollte. Oder hat Nichts-Tun doch mehr mit Produktivität zu tun, als wir glauben?

In einem Projekt Vollgas geben, ist wichtig, um Dinge ins Ziel zu bringen.

 
Genauso wichtig ist es aber auch, nach jeder Höchstleistung eine Phase der Regeneration einzuplanen.

 

Der Anspannung folgt die Entspannung.
Das ist ein Naturgesetz!

Wer immer nur auf Leistung geht und sich zu wenig Erholung vergönnt, wird leider bemerken müssen, dass statt besseren Ergebnissen und trotz höchster Anstrengung die Leistungskurve flacher wird, der Zenit erreicht oder gar überschritten ist, und die Ergebnisse in Wahrheit nach unten gehen.

Wer auch dieses Signal nicht erkennt und stattdessen die Schlagzahl – bei sinkender Effektivität wohlgemerkt – weiter erhöht, wird schnell ans Ende seiner Kräfte und Energiereserven kommen. Und nicht nur das: Sie oder er wird auch zunehmend frustrierter.

Spätestens jetzt wäre also eine kleine Auszeit angesagt, in schlimmeren Fällen eben eine größere. Jedenfalls ist ab hier die Nichtbeachtung fatal: Es kann es zu Müdigkeit, Lustlosigkeit, Demotivation – oder gar zu einem Burnout kommen. Endstation Depression!

 

Wer für eine Sache brennt, muss auch aufpassen, dass er dabei nicht verglüht.

Wie schnell das geht, davon können heute leider immer mehr Betroffene aus eigener Erfahrung berichten. Und dass Betroffene hier in zweifelhafter „guter Gesellschaft“ sind, zeigen erste Studien1 zum Thema. Im Schnitt sehen sich etwa ein Viertel der befragten Personen (Erwerbstätige zwischen 16 und 65 Jahren) als Burnout-gefährdet.

Insgesamt ist Österreich beim Mental Health Index der OECD gemeinsam mit Italien – ausgerechnet dem Land, das das Dolcefarniente „erfunden“ hat – das Schlusslicht der Vergleichsländer und weist die zweithöchste Suizidrate auf. Bis zum Jahr 2030 wird erwartet, dass sich die durch psychische Erkrankungen bedingten Kosten weltweit mehr als verdoppeln. Österreich weist im Ländervergleich die geringste Dichte an Fachärzt/innen für Psychiatrie auf.

Wie wichtig es ist, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, eine gesunde Work-Life-Balance zu leben, wird leider viel zu sehr unterschätzt – der Weg zurück in die Normalität ist langwierig und schwer.

 

Burnout – kann mir nie passieren!

Wer ist also gefährdet?
Menschen wie Sie und ich, die immer daran gedacht haben, dass so etwas immer nur den Kollegen oder die Nachbarin trifft. Aber nie einen selber. Und dann sehen sie sich plötzlich nicht mehr in der Lage, die Schwelle zur Bürotür zu überschreiten, den Doppelklick zum Öffnen eines Programmes zu machen, um einen einfachen Brief zu schreiben – oder kommen nur mit höchster Anstrengung am Morgen aus dem Bett (nur um kurze Zeit später kraftlos und ohne Antrieb wieder genau dort zu landen).

Das ist auch deswegen so tückisch, weil diese Krankheit so schleichend verläuft. Die Medizin unterteilt den Verlauf von Burnout in zwölf Stufen2 – jemand der voll im Hamsterrad ist, bekommt erst frühestens nach Stufe 4 (Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen) einen ersten Verdacht, dass irgendwas nicht stimmt.

Eine persönliche Gefährdung für Burnout wird wahrscheinlich erst ab Stufe sieben (Rückzug) in Erwägung gezogen. Die meisten ziehen erst bei Stufe 10 (Innere Leere) die ersten Lehren und suchen professionelle Hilfe auf. Alarmstufe Rot!

 

Wozu das Ganze!

Aber wofür wollen Sie sich denn so überfordern?

„Wenn das ganze Leben nur aus der Verwirklichung materieller Werte besteht, bleibt am Schluss auch nur eine materielle Bilanz übrig: Schön für die Erben.“ 3

 
Damit es aber erst gar nicht soweit kommt – und damit dieses Leben schön für Sie ist – wollen wir hier eine Lanze brechen für das Dolcefarniente. Weil es so wichtig ist, gleich noch einmal – ganz langsam, damit es jede Zelle unseres Körpers erfassen kann: Dolce-far-niente!

Den gesunden Müßiggang, der uns in unsere Mitte führt.

Denn erst in diesem Zustand können wir wieder beginnen, die Welt um uns so richtig wahrzunehmen. All das, was an wundervollen Dingen immer um uns herum ist – und wahr ist.

 

Exercise: Nichts-Tun!

Probieren Sie es einfach mal aus: Legen Sie am Wochenende mal Ihr Handy und Ihren Laptop weg (sie können ja am Anfang auch mal mit einem Halbtag beginnen), schauen Sie nicht, wer auf Facebook postet und versäumen Sie bewusst unzählige Tweets. Ungewohnt – nicht wahr? Und wenn Sie sich jetzt fragen, was Sie stattdessen tun sollen – dann halten Sie schon den Schlüssel zur Lösung in der Hand: Was Ihnen einfällt! Geben Sie sich ruhig Zeit. Und dann noch etwas mehr…

Und dann folgen Sie Ihren Impulsen – und lassen Sie sich überraschen, wie anders diese Zeitspanne verläuft und was Sie dabei fühlen. Und wie es Ihnen anschließend geht.

Natürlich ist es auch hier wie bei allen Dingen im Leben: Neue Erfahrungen – so auch dieses Dolcefarniente – benötigen Wiederholungen! So wie wir in einer Tätigkeit oder einem Hobby immer dann merklich besser werden, wenn wir es nur regelmäßig und ausreichend oft wiederholen – also trainieren – so müssen wir das auch mit dem Nichts-Tun halten.

Bleiben Sie also dran: Tun Sie mal so richtig Nichts!

 

Bitte gleich nachmachen!

Ich mach es Ihnen gerne vor: Eigentlich habe ich noch so viele Aspekte, Quellen und Themen für diesen Blog.

Denn ein Blog ist ja erst richtig gut, wenn es mindestens xx Kapitel umfasst. Wenn es so richtig lange gebraucht hat, um das Thema in seiner Gesamtheit abzubilden und in seiner Komplexität abzuhandeln. Und natürlich erst dann, wenn man sich dafür so richtig abgemüht und wirklich hart gearbeitet hat – und, und, und.

Ein Freund schildert mir beispielsweise oft, er habe sich „das wieder mal so richtig aus den Rippen geschnitzt“. Ganz schön brutal, wenn man sich diese Redewendung mal bewusst auf der Zunge zergehen lässt!

Also – dann mach ich hier mal Schluss, bevor ich selber in die Falle tappe, den perfekten Blog zu schreiben (Stufe 1) und hier noch einige Stunden mit verstärktem Einsatz zu sitzen (Stufe 2).

Ich geh jetzt! Ich hol mir mal einen Kaffee. Und unterhalte mich mit meiner Familie. Und fahr dann vielleicht eine Runde mit dem Rad. Oder vielleicht kann ich heute mal meine Idee verwirklichen, eine Hängematte im Wald aufzuhängen und im Schatten ein Buch zu lesen.

Oder ich mach einfach gar nichts. Ich probier es einfach aus.

Liebe Leserin, lieber Leser, ich freue mich, wenn ich Sie auch zu ein bisschen Dolcefarniente inspirieren konnte. Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben, wie es Ihnen dabei gegangen ist.

Und für die Ehrgeizigen unter Ihnen: Es ist voll okay, wenn Sie gleich auf Anhieb besser beim Dolcefarniente sind als ich. Vielleicht haben Sie einfach mehr Talent – ist doch schön!

 
Ich wünsche Ihnen schöne Stunden und viele wundervolle Überraschungen.

Tun Sie es! Jetzt!
Ihr
Gerald Wahl

 

 

 

Tipps zum Nachlesen und -schauen:

 
1) Studie „Volkswirtschaftliche Analyse eines rechtzeitigen Erkennens von Burnout“
JKU, Johannes Kepler Universität Linz, 2013) http://download.opwz.com/wai/Studie_UNI_Linz_Burnout_Volkswirtschaft_041213.pdf
 
2) Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, Bundesministerium für Gesundheit https://www.gesundheit.gv.at/Portal.Node/ghp/public/content/burnout-phasen-symptome.html
 
3) „Meine letzte Stunde“, Andreas Salcher, 2013, Goldmann Verlag
 
Jede Zelle meines Körpers ist glücklich

https://www.youtube.com/watch?v=ciwA3Mi7btA
 
 
© Foto: ingimage / Bildbearbeitung: brandzwo